Andy Kapp: „Mixed-Championate große Bereicherung!"
vom 23.09.2013
Andy Kapp im Interview über den unerwarteten Erfolg bei den European Mixed Curling Championships in Edinburgh (Schottland), das Turnier und die Entwicklung im Curlingsport insgesamt.Andy Kapp, herzlichen Glückwunsch an Sie und Ihr Team zur Goldmedaille! Hatten Sie insgeheim mit dem Titel gerechnet?
Andy Kapp: „Wir hatten schon erwartet, dass wir uns für das Viertelfinale würden qualifizieren können. Dass wir uns dann aber im gesamten oberen Segment durchgesetzt haben, war das i-Tüpfelchen. Der Sieg gegen die Schotten in der Vorrunde hat sicher entsprechend Selbstvertrauen gegeben. Es hat einfach gut gepasst. Mit Petra Tschetsch und Pia-Lisa Schöll hatten wir zwei gute Skiperinnerinnen dabei, die einfach genau wissen, wo die Steine hin müssen. Da braucht man gar nicht viel reden. Und mit Holger Höhne spiele ich nun im 21. Jahr zusammen – da läuft alles von selbst.“
Wie kann man dieses Turnier sportlich einschätzen?
Andy Kapp: „Das Teilnehmerfeld war schon zweigeteilt. Von den 25 Nationen ist die Hälfte, wie Rumänien, Polen oder Estland, spielerisch noch nicht so stark, aber die andere Hälfe war extrem gut. Da haben zum Teil aktuelle Nationalspieler teilgenommen, wie etwa bei Finnland, das mit dem aktuellen Herren-Skip gespielt hat, Ungarn, das mit Herren- und Damen-Skip dabei war, oder eben unser Finalgegner Schottland, mit dem dreifachen Weltmeister Ewan MacDonald. Wir hatten schon mit Abstand die schwerste Vorrundengruppe erwischt, in der sich dann auch gute Teams wie Frankreich und Tschechien nicht fürs Viertelfinale qualifizieren konnten.“
Also ein bereicherndes Element im internationalen Curling-Kalender?
Andy Kapp: „Dieser Wettbewerb tut unserem Sport auf jeden Fall gut! Weil es ein Turnier ist, das auf einer Stufe unter dem Top-Leistungssport stattfindet. Da kann man mitspielen, ohne unter Vollbetrieb zu sein – das wäre auch für gute Nachwuchsteams eine tolle Erfahrung. Die Bedingungen waren – von einem Tag Verzögerung, weil die Eismaschine kaputt war – absolute Weltklasse. Sportlich ist es nicht vergleichbar mit einer Herren- oder Damen-WM, weil die Mixed-Teams ja nicht ganze Saisons miteinander spielen und trainieren. Aber es ist eine wunderbare Veranstaltung!“
Aber auch aufwändig und anstrengend?
Andy Kapp: „Für uns war es ein Highlight, das wir uns selbst organisiert und finanziert haben. Für eine Mixed-EM gibt es halt keine Förderung. So haben wir uns eine gemeinsame Ferienwohnung genommen und uns da selbst bekocht. Die dreieinhalb Kilometer bis zur Halle sind wir bewusst immer zu Fuß gelaufen – quasi als Aktivierung! Wir haben ausgerechnet, dass wir auf diese Weise in der einen Woche gut 100 Kilometer gelaufen sind.“
Kann der EM-Titel ein Aufbruchsignal sein für die Herren- und Damen-Nationalteams, die vom 10. bis 15. Dezember in Füssen um die Olympia-Qualifikation kämpfen?
Andy Kapp: „Mann kann das schwer vergleichen, weil die Voraussetzungen ganz anders sind. Aber immerhin konnten wir mal wieder eine Duftmarke in Europa setzen, dass das deutsche Curling nach wie vor top ist – auch wenn es nur wieder der alte Sack Kapp war! Aber es wäre natürlich toll, wenn es die beiden deutschen Teams für die Olympia-Qualifikation, auf die jeder Curler in unserem Land schon gespannt vorausschaut, motiviert, noch eine Schippe draufzulegen in der Vorbereitung. Was sicherlich übertragbar ist: Wenn man an seinem Weg festhält und mit einer gewissen Coolness loslegt, dann ist viel machbar – auch für unsere Teams im Dezember in Füssen!“
Wie sehen Sie die Entwicklung im Sport generell?
Andy Kapp: „Ich hatte die Chance, mich länger mit der WCF-Präsidentin Kate Caithness zu unterhalten, die ich auch schon seit einigen Jahrzehnten kenne und die eine ganz tolle Repräsentantin unseres Sports ist. Immerhin übrigens eine von nur drei Frauen an der Spitze eines olympischen Weltverbandes! Sie hat erzählt, dass Curling nach wie vor die am schnellsten wachsende Wintersportart ist. Wenn man schaut, mit welcher Stärke das chinesische und japanische Fernsehen zum Olympia-Qualifier nach Füssen kommen wird, dann merkt man schnell, welchen Stellenwert der Sport inzwischen in Asien genießt. Darauf können wir stolz sein! Doch die Professionalisierung macht es auch schwer, konstant in der Spitze mitzuhalten. Die schwedischen Teams etwa reißen ein unglaubliches Pensum an Turnieren ab, fahren von einem Weltcup zum nächsten. Und selbst deren Junioren-Team ist bereits komplett ausgestattet.“
Hat der Erfolg in Edinburgh Lust gemacht, vielleicht doch selbst noch mal im Spitzensport anzugreifen?
Andy Kapp: „Meine Knie geben mir nach der einen Woche unmissverständlich zu verstehen, dass ich keine ganze Saison mehr unter Vollbelastung durchspielen könnte. Und ich habe ja immer schon gesagt, dass ich nur weiter Leistungssport betreibe, wenn ich nicht ‚nur mitspielen’, sondern mit der absoluten Weltspitze auch mithalten könnte. Aber für solche Turniere reicht es noch. Und daher könnte ich mir durchaus vorstellen, mal wieder eine Mixed-EM oder -WM mitzuspielen! Wenn wir auf dem Eis stehen, dann legt sich ein Schalter um. Dann macht es ‚klick!’ und wir brüllen genauso rum wie früher! Dann ist man automatisch wieder in seinem Element.“
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